Linke Hochschulpolitik

Politik für die Mehrheit

Über soziale Lage der Studierenden, Bündnis mit der Arbeiterklasse und politische Strategie eines sozialistischen Studierendenverbandes

von Simon Zeise
Juni 2013

Der Studierendenverband Die Linke.SDS existiert seit sechs Jahren. Geburtstage sind ein guter Anlass, um über die eigene Rolle nachzudenken, die man im Leben spielt. Im Folgenden sollen Überlegungen zu den Veränderungen im Hochschulsystem und zur politischen Strategie des SDS angestellt werden.

1. Die Interessen des Kapitals an Bildung, Wissenschaft und Forschung

Um eine politische Einschätzung von studentischen Interessen zu bekommen, ist es unerlässlich, die politisch-ökonomische Funktion von Hochschulen im Kapitalismus zu erkennen. Grundsätzlich gilt, dass die Ausbildung der Intelligenz die Entfaltung der Produktivkräfte zum Zwecke hat. Auf der heute fortgeschrittenen Produktionsweise braucht das Kapital hochqualifizierte Arbeitskräfte, die es schnell in den gesellschaftlichen Reproduktionsprozess integrieren kann. Die Nützlichkeit von Bildung und Wissenschaft ist unter kapitalistischen Vorzeichen auf den Verwertungsprozess gemünzt. Sie dient nicht einer friedlichen, solidarischen Gesellschaft, sondern primär der Verwertbarkeit qualifizierter Arbeitskraft und der Resultate wissenschaftlicher Arbeit im Rahmen einer auf kapitalistischer Warenproduktion beruhenden Gesellschaft. Oder, populistisch gesprochen, die Ausbildung zur Erziehung von Kindern wird weniger wertgeschätzt als der möglichst hohe gewinnbringende Verkauf eines Volkswagens.

Verhältnis von staatlichem und privatem Bildungsinteresse

Für den Arbeitssprozess ist es neben dem unmittelbar anwendbaren Wissen auch notwendig, dass Arbeiterinnen und Arbeiter über eine gewisse Vielseitigkeit verfügen, damit sie sich an neue Arbeitsprozesse anpassen können.[1] Deshalb muss der Bildungssektor so strukturiert sein, dass er nicht nur Wissen vermittelt, das im einzelnen Arbeitsprozess aufgeht, sondern auch Grundlagenforschung, die zur Weiterentwicklung von Technologie benötigt wird. Die Crux für den Unternehmer ist, dass sich diese „Allgemeinbildung“ nicht planen lässt und große Summen ausgegeben werden müssen, die nicht sofort in den Verwertungskreislauf zurückfließen. Zu Teilen sind Versuche unbrauchbar und die Investition gänzlich in den Sand gesetzt. Deshalb legt es die Privatwirtschaft darauf an, Grundlagenforschung und Ausbildung zu großen Teilen staatlich zu regeln. Zudem sind Wissensprodukte nicht materiell gebunden und können von Konkurrenten leicht kopiert, entwendet oder, noch schlimmer, der Öffentlichkeit frei zur Verfügung gestellt werden. In allen Fällen trägt der Unternehmer das Risiko eines Verlustes. Jedoch wird staatliche Forschung, wie alle anderen Staatsausgaben auch, über Steuern finanziert. Da diese für den Unternehmer ebenso einen Abzug vom Mehrwert darstellen, ist er daran interessiert, diese Kosten so weit es geht zu reduzieren. Versucht er hingegen die Ausgaben für Forschung zu senken, begibt er sich in Gefahr, die notwendige Kontinuität des technischen Fortschritts außer Kraft zu setzen, die er benötigt, um in der Konkurrenz bestehen zu können. Das Kapital schneidet sich dadurch zu Teilen ins eigene Fleisch. Hat der einzelne Unternehmer das Interesse daran, staatliche- und eigene Kosten zu senken, braucht er gleichzeitig gesamtgesellschaftlich gut ausgebildetes „Humankapital“, an dessen Ausbildungskosten er wiederum sparen will.[2]

Bildung und Wissenschaft sind folglich nicht Teil eines gesamtgesellschaftlichen Plans, sondern entspringen den Interessen privaten Unternehmertums. Die Ausbildung von Arbeitskräften im Bildungswesen und die Produktion von wissenschaftlichem Wissen sind daher genau demselben Problem unterworfen, wie die übrige Warenproduktion in der bürgerlichen Gesellschaft auch. Es lässt sich nicht voraussehen, ob die Produktion auf ein gesellschaftliches Bedürfnis stößt. Hier ist der gesellschaftliche Zusammenhang zerrissen und kann immer erst nachträglich über den Markt, den Arbeits- und Wissensmarkt, hergestellt werden. Dies schließt ein, dass Bildung und Wissenschaft sich im ökonomischen Sinne als nutzlos erweisen können: Es zeigt sich im Nachhinein, dass Arbeitskräfte ausgebildet wurden, die nicht gebraucht werden, und dass Wissen produziert wurde, das wertlos ist. Der Staat kann also prinzipiell nicht exakt die Fähigkeiten liefern, die je aktuell benötigt werden. Eine Situation, der Akademiker, Schulabsolventen und Azubis zunehmend gewahr werden.

2. Kleine Geschichte des Umbaus der Hochschullandschaft

Zwar gilt die skizzierte Formbestimmung von Bildung und Wissenschaft im Kapitalismus grundsätzlich, doch weil sie eng mit dem Produktionsprozess verwoben ist, steht sie vor den Anforderungen ihrer konkreten geschichtlichen Epoche. Wie der Kapitalismus in seinen verschiedenen Entwicklungsetappen, ist auch die Hochschule dem polit-ökonomischen Wandel unterzogen.

Öffnung der Hochschulen in der 1970er Jahren

Die Hochschulen waren nach dem Zweiten Weltkrieg im Wesentlichen immer noch nach den Prinzipien der Ordinarienuniversitäten aus der Kaiserzeit strukturiert. Sie waren Hort des Konservatismus und wirkten hemmend auf die Erfordernisse der kapitalistischen Modernisierung während der „fordistischen“ Nachkriegsära. Professoren walteten weitgehend als Alleinherrscher und verschlossen sich Reformen an Studienfächern, die an revolutionierte Produktionsprozesse angepasst werden mussten. Beispielsweise weigerten sich Ende der 1960er Jahre Fakultäten, Informatik und Biochemie als selbständige Fächer anzuerkennen.[3] Die populäre Aktion Hamburger SDS-Studierender, die beim Betreten der Ordinarien des Audimax das Transparent mit der Aufschrift „Unter den Talaren, der Muff von 1000 Jahren“ entrollten, bezeugt die politische Stimmung unter den damaligen Bedingungen des „Bildungsnotstands“ und der konservativen Verkrustung der Hochschulen, die nach Aufbruch dürstete. Das Wirtschaftswachstum des „Nachkriegswunders“ war rückläufig und von offensiven Verteilungskämpfen der Lohnabhängigen bis in die Mitte der 1970er Jahre gekennzeichnet, die sogar in einem Anstieg der Lohnquote mündeten. Die Industrie beklagte einen Mangel an ausgebildeten Fachkräften.

Die sozial-liberale Koalition unter Willy Brandt setzte schließlich in einer Bildungsreform während der späten 1960er Jahre auf die „soziale Öffnung“ der Hochschulen. 1970 schaffte sie das „Hörergeld“ (Studiengebühren) ab und führte 1971 das BAföG ein, das damals nicht zurückgezahlt werden musste. Die Zahl der Studierenden stieg zwischen 1970 und 1994 von 510.000 auf 1,85 Millionen an.

Gewerkschaftliche Orientierung an Massenunis

Auf die Sozialisierung des Hochschulwesens reagierte die hochschulpolitische Linke mit dem Konzept der Gewerkschaftlichen Orientierung (GO-Politik).[4] Die Architekten dieser Strategie, Linke im Umkreis von Wolfgang Abendroth, der marxistische Studentenbund (MSB) Spartakus und der sozialistische Hochschulbund (SHB) gingen von einer Dynamik der kapitalistischen Produktivkraftentfaltung und gesellschaftlicher Bedürfnisse im Reproduktionsbereich (Gesundheit, Bildung, Wissenschaft, Infrastruktur) aus, die ein rasches Wachstum der Schicht der ausgebildeten Intelligenz nach sich ziehen müsste. Diese Entwicklung hat sich, wie beschrieben, seit den 1960er Jahren bestätigt. Die Hochschulen wurden nun auch Teilen der Lohnabhängigen zugänglich. Ziel der gewerkschaftlichen Orientierung an den Hochschulen war es, Gemeinsamkeiten der Interessen der zukünftig lohabhängigen Studierenden mit denen der Arbeiterklasse herauszustellen. Während zu Zeiten der Ordinarienuniversitäten das Studium lediglich einer kleinen Elite vorbehalten wurde, die im späteren Berufsleben im höheren Staatsdienst, der Unternehmensverwaltung, als Anwalt oder Arzt über anderer Leute Arbeit verfügen konnte, wurden Hochschulabsolventen seit den 1970er Jahren zunehmend als abhängig Beschäftigte in den gesellschaftlichen Arbeitsprozess „integriert“. Sie mussten sich nun auch mit Vorgesetzten im Betrieb auseinandersetzen, Gehaltsforderungen erstreiten und für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen. Karl Marx sprach noch vom „individuellen Klassenverrat“, den Teile der Intelligenz begehen müssten, um sich der bürgerlichen Klasse zu entziehen und der Arbeiterklasse anzuschließen. Unter den Bedingungen der Massenuniversität sollte es hingegen möglich werden, große Teile der Studierenden für sozialistische Positionen zu gewinnen und als „organische Intellektuelle“ im Berufsleben an die Organisationen der Arbeiterklasse zu binden. Dabei wurde die Hochschule als Ausbildungsbetrieb begriffen, in dem bereits gewerkschaftliches Handeln für das spätere Berufsleben erprobt werden sollte. Es sollte eine gemeinsame Dominanz der studentischen Linkskräfte entwickelt werden, die auf Mitbestimmung in der akademischen Vertretung und des Lehrinhalts abzielte.

Sieg des Neoliberalismus

Mit der Wirtschaftskrise 1974/75 endete der Ausbau der Hochschulen. 1977 beschlossen die Landesregierungen zwar, die Hochschulen weiter offen zu halten, aber nicht weiter in den Hochschulausbau zu investieren, mit dem Ergebnis, dass sich während der folgenden zwanzig Jahre zwar die Studierendenzahlen verdoppelten, die Anzahl des Lehrpersonals aber stagnierte. Der Anteil der Hochschulausgaben am Bruttosozialprodukt sank von 1,3 Prozent Mitte der 1970er Jahre auf 0,9 Prozent Anfang der 1990er. Gleichzeitig stieg in der ersten Hälfte der 1980er Jahre mit der allgemeinen Zunahme der Arbeitslosigkeit auch die Akademikerarbeitslosigkeit deutlich an.

Mit dem Zusammenbruch des realsozialistischen Lagers und dem ausgerufenen „Ende der Geschichte“ für alle Alternativen zum Kapitalismus wandelte sich der wirtschaftspolitische Ton immens. Der Neoliberalismus nahm deutlich an Fahrt auf. Obschon konservative Kreise bereits seit dem Ende der 1970er Jahren danach riefen, die Aufnahme Studierwilliger zu begrenzen, konnten sie sich erst in den 1990er Jahren durchsetzen.

In einer konzertierten Aktion bliesen Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Bundesregierung, Kultus- und Finanzminister sowie der Wissenschaftsrat zum Sturm für die neoliberale Umstrukturierung der Hochschulen. Ab 1991 wurden Erstsemestern durch die HRK Steine in den Weg gelegt und ein Jahr später dann richtig „reformiert“: leistungsbezogene Mittelvergabe durch Evaluation, Stärkung der Hochschulleitung, Auswahl der Studierenden durch die Hochschulen und Einführung von Studiengebühren standen von nun an auf der Tagesordnung.[5] Das 1994 von der Bertelsmann Stiftung gegründete „Centrum für Hochschulentwicklung“ (CHE) konzipierte die Hochschulen als Betriebe, die in Konkurrenz zueinander Bildung als warenförmige Dienstleistung erbringen sollten. Das Verhältnis zwischen dem Input an Ressourcen und dem Output an Dienstleistungen soll dabei durch marktförmige Steuerungsmechanismen ersetzt werden. Also: Professoren als Dienstleister und Studierende als Kunden. Die Einführung konsekutiver Bachelor- und Masterstudiengänge hatte die weitere Spezialisierung und Ausbildungsverkürzung zum Ziel. Unternehmen können seither auf billigere Arbeitskräfte zurückgreifen, denn ein Bachelorabschluss wird z.B. deutlich schlechter entlohnt als die „alten“ Diplom- und Magister-Studienabschlüsse. Durch Studienzeitverkürzung und erhöhte Prüfungsintensität konnten Ausgaben in Bildung eingespart werden.

Durch die Einführung des europäischen Kreditpunktesystems (ECTS) sollten Studiengänge vergleichbar gemacht werden. Dabei wurde kalkuliert, dass hinter jedem erlangten Kreditpunkt ein bestimmter Arbeitszeitaufwand stehen solle. Theoretisch würde nun erfasst werden können, welche Studienleistung erbracht wurde, was auch einem schnellen und unbürokratischen Studienortwechsel die Tür öffnen sollte. Dass dieses neoliberale Modell nicht praxistauglich ist, bedarf kaum der Erläuterung, denn es unterschlägt den sozialen Bildungshintergrund der Studierenden. Kindererziehung, Erwerbsarbeit neben dem Studium oder Aufwachsen in „bildungsfernen Schichten“: von allem kein Wort. Wenn alle Studierenden unter diesen Umständen formal zu gleichen erklärt werden, heißt es Jeder gegen Jeden im Buhlen um den höchsten Kreditpunktestand.

3. GO-Politik auf der Höhe der Zeit – Chancen für neue Klassenbündnisse

Unter den neoliberalen Bildungsmaßnahmen haben wir es mit einer Situation zu tun, die einerseits den Weg der Massenuniversität weiter beschreitet. Heute studieren 2,5 Millionen Menschen in Deutschland, so viele wie nie zuvor. Andererseits wird der Ausbau der Hochschulen nicht weiter verfolgt; auf die Überfüllung der Hochschulen wird ausschließlich mit Repressionen und Spaltungs- und Ausschlussmechanismen reagiert. Wie lässt sich unter den veränderten Studienbedingungen heute eine Bewegung von Studierenden entwickeln, die für ihre Interessen kämpfen und damit zugleich Bündnispartner der Lohnabhängigen werden?

Wir konstatieren: breite Bevölkerungsschichten sehen sich durch geringe Löhne, Zweitjobs, befristete Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Hartz IV einer zunehmenden „Proletarisierung“ ausgesetzt. In Deutschland durch die Agenda 2010 eingeführt, sehen wir durch die Sozialkürzungsprogramme der „Troika“ aus EU, EZB und IWF die Vorbereitungen der Agenda 2020, die im Süden Europas durchexerziert wird.

Den Kern sozialistischer Politisierung an den Hochschulen muss der Kampf gegen diese Austeritätspolitik ausmachen und, daraus abgeleitet, für bessere Arbeitsbedingungen an den Hochschulen gestritten werden. Aus dieser Verknüpfung können neue Chancen für ein breites Bündnis aus Lohnabhängigen, Schülern und Studierenden entstehen.

Waren Sozialkonflikte bis zu Beginn der 2000er Jahre regional beschränkt, hat sich seither einiges bewegt. Als Reaktion auf den Frontalangriff auf die Sozialsicherungssysteme durch die Agenda 2010 Gerhard Schröders kam es in vielen Städten Ostdeutschlands zu „Montagsdemonstrationen“, an denen Erwerbsloseninitiativen, aber auch große Teile linker Gewerkschafter teilnahmen. Einer von ihnen ist der derzeitige Vorsitzende der LINKEN, Bernd Riexinger. Die Abkehr von der Agenda-Politik und die Ablehnung deutscher Kriege gegen das frühere Jugoslawien und Afghanistan waren ausschlaggebend für die Gründung einer neuen linken Partei.

Ähnlich verhält es sich mit Protesten gegen die neoliberale Umgestaltung des Bildungswesens.[6] Nachdem sich mit dem MSB-Spartakus der letzte bundesweit organisierte sozialistische Hochschulverband Ende der 1980er Jahre auflöste, konnten linke Alternativen nur noch vereinzelt aufflammen. „Lucky-Streik“ (1998) und „Summer of resistance“ (2005) wurden in regionalen Netzwerken organisiert, konnten jedoch langfristig nicht aufrechterhalten werden. Der „Bildungsstreik“ (2009/10) stellte dabei ein neues Moment dar, denn es gelang über Monate hinweg Unis zu besetzen, bundesweite Aktionstage durchzuführen und die Öffentlichkeit für die Bewegung zu gewinnen. Ein Manko des „Bildungsstreiks“ war, dass es innerhalb des Bündnisses nicht gelang, sich auf konkrete Forderungen zu einigen. Das half den herrschenden Bildungsinstitutionen und so konnten sie sich stets gegenseitig den Ball zuwerfen: Das Bildungsministerium verwies darauf, dass Bildung Ländersache sei, die Kultusminister verwiesen auf die Autonomie der Hochschulen und die Hochschulrektorenkonferenz auf fehlende finanzielle Ausstattung, weshalb ihnen die Hände gebunden seien.

Einem sozialistischen Studierendenverband kommt die Rolle zu, eine strategische Analyse der Hochschule im Kapitalismus zu entwerfen und auf deren Grundlage in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen einzugreifen. Sozialistische Studierende sollten versuchen, an den konkreten sozialen Fragestellungen der Studierenden anzuknüpfen und diese in den Kontext der Umverteilungspolitik von unten nach oben zu setzen. Die Studienbedingungen können nur verbessert werden, wenn dem Bildungssektor mehr Geld zufließt. Überfüllte Hörsäle, zulassungsbeschränkte Seminare und Isolation im Arbeitsprozess sind zunächst Folgen fehlenden Personals. Des Weiteren müssen die Arbeitsbedingungen sozialisiert werden: Freier Zugang zu Bachelor- und Masterstudienplätzen, weniger Prüfungen und mehr Wahlfreiheit bei größerem Studienangebot sind hier als Forderungen zu nennen – schließlich nehmen psychische Erkrankungen unter Studierenden ungemein zu. Dies gilt im Übrigen auch für große Teile der Lohnabhängigen, die mit wachsender Arbeitsintensität, der Verlängerung des Renteneintrittsalters und stagnierenden Nominallöhnen vor dem „Burnout“ stehen. Von hohen Mietpreisen und fehlendem Wohnraum sind Studierende und Arbeiter ebenfalls betroffen. Lohnabhängige werden aus ihren Stadtteilen verdrängt; „Gentrifizierung“ macht sich breit. Studierende schlafen in vielen Städten zu Studienbeginn in ASten, Turnhallen oder ihren Autos.

Diese Momente gilt es zusammenzuführen. Es gilt, die sozialen Konflikte unserer Zeit, die große Wirtschaftskrise, in den Fokus der politischen Arbeit zu rücken: herauszustellen, dass Studierende mit den gleichen Problemen wie die Masse der Lohnabhängigen konfrontiert sind und dass sie diesen Problemen konkret begegnen müssen. Deshalb ist es Teil einer hochschulpolitischen Strategie, an gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzungen wie den „Blockupy“-Protesten aktiv teilzunehmen, denn hier demonstrieren breite Bevölkerungsschichten gegen die Herrschaft des Finanzkapitals, das über das Geld verfügt, welches dem Bildungssektor und dem Sozialstaat massiv fehlt. Hier können die Interessen der studentischen Mehrheit nachdrücklich vertreten werden.

[1] Vgl. E. Kapfinger, Th. Sablowski: Bildung und Wissenschaft im Kapitalismus, in: Unbedingte Universitäten [Hrsg.]: Was passiert? Stellungnahme zur Lage an den Universitäten. Zürich, 2010, S. 249-275.

[2] Zur Unterfinanzierung des Bildungswesens in der BRD vgl. Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik: Memorandum 2012, Köln 2012, S. 207 ff.

[3] Kapfinger/Sablowski, a.a.O., S. 262.

[4] Vgl. Bundesvorstand MSB Spartakus [Hrsg.]: Die Politik der gewerkschaftlichen Orientierung. Entstehung, Theorie, Perspektiven. Bonn, 1983.

[5] Zu Privatisierung und marktförmigem Umbau im Bildungs- und Hochschulwesen vgl. Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik: Memorandum 2011, Köln 2011, S. 229 ff., 246 ff.

[6] Vgl. F. Butollo, N. Gohlke: Hochschule im Kapitalismus. Supplement der Zeitschrift Sozialismus 5/2012. S. 31-49.

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